3. Dezember
"Glaub mir. Er wird bald in das Alter kommen, in dem er sich fragen wird, wer sein Vater ist. Ich möchte ihn weder anlügen noch ihm irgendwas verheimlichen - außerdem hast du das Recht ihn kennenzulernen" Beinahe schon flehend sah sie mich an und hob Samuel vom Stuhl hinunter, als dieser Anstalten machte von diesem runterrutschen zu wollen.
Das fällt dir aber früh ein - ist dir nicht bewusst, wie sehr ich dich dafür verachtet habe, dass du verschwunden bist und mir nichts davon erzählt hast? Nur ein Ultraschallbild und ein bescheuerter Brief Meine Stimme wurde etwas lauter, auch wenn ich versuchte mich zu beherrschen. "Bitte Matt..." Unsere Blicke flogen gleichzeitig zu Samuel, der auf mich zugelaufen kam und jetzt mit großen Augen stehen blieb. Ich hatte keine Ahnung was ich tun sollte, weswegen ich wie paralysiert stehen blieb. "Bist du nicht neugierig?"
Halt die Klappe erwiderte ich ruhig und bestimmt, während mein Blick noch immer auf dem kleinen Jungen ruhte, der meinen Blick erwiderte und nebenbei versuchte seine komplette Hand in den Mund zu stecken.
Als die Tür des Kopierraums aufging, rechnete ich damit dass die Sekretärin wieder zurückkam. Als jedoch dann Katy im Raum stand, wusste ich nicht so recht was ich sagen sollte - vermutlich war sie genauso geschockt wie ich über dieses Szenario, wenn sie all das mitbekommen hatte.
Katy, warte murmelte ich schwach und suchte nach Worten. Aber was sollte man in so einer Situation zu seiner Freundin sagen? 'Schau mal, das ist meine gehasste Ex und mein Sohn, von dem ich drei Jahre lang dachte, er sei tot?'
Ich bat sie mit einem kurzen Blick dazubleiben, auch wenn ich selbst am liebsten das Sekretariat verlassen hätte. Aber so etwas musste ich irgendwie klären - ich wollte so vieles wissen und am liebsten würde ich sie in den nächsten Schrank sperren und sie erst rauslassen, wenn sie versprach sofort aus meinem Leben zu treten.
Ich hab die letzten Jahre ganz gut ohne dich ausgehalten und du offensichtlich auch, also wieso ausgerechnet jetzt? Ich glaub dir nicht. Bei dieser "Ich lerne meinen Sohn kennen"-Aktion gibts doch sicher einen Haken? Abigail lächelte mich leicht an und schüttelte den Kopf. "Nein, es gibt keinen Haken, sofern du Samuel überhaupt kennenlernen möchtest. Wenn nicht...dann fliege ich gleich morgen wieder nach Hause. Ich nehme den nächstbesten Flieger" Ich biss die Zähne zusammen und schüttelte schwach den Kopf. Dieses Biest. Sie wusste, dass ich nicht Nein sagen konnte. Auch wenn ich Samuel überhaupt nicht kannte und bislang dachte, dass sie Abgetrieben hatte, war er immer noch mein Sohn. Ihm konnte ich doch nicht meinen Rücken zukehren, so wie es mein Vater getan hatte.
Nein...ich möchte ihn kennenlernen Allein der Gedanke, besser zu sein, wie mein Vater, spornte mich dazu an, etwas Zeit mit Samuel zu verbringen. "Danke." Abigail lächelte noch einmal, jedoch schenkte ich ihr keinen einzigen Blick, sondern sah kurz zu Katy und anschließend zu Sam hinunter, der mit seiner Mütze spielte, die er sich vom Kopf gezogen hatte. Darunter kamen helle Haare zum Vorschein, die ich auch hatte als ich ein kleines Kind war. "Er sieht dir sehr ähnlich..." Während Abigails Worte in meinem Kopf verklangen, ging sie auf Katy zu und streckte ihr freundlich lächelnd die Hand hin. "Ich bin Abigail und du bist...?"