Aaron, Caspar, Sandra, Fynn
Justus saß im Schneidersitz auf seinem Bett und klickte sich aufmerksam durch die Bilder auf seiner Kamera, die er gemacht hatte seit er wieder hier war. Seitdem Aaron und Fynn hier lebten, waren es mehr geworden, aber ein paar davon waren nicht gelungen oder einfach zu verwackelt, sodass er wieder etwas Platz schaffen konnte. Als es neben ihm raschelte, fiel sein Blick auf Fynn, der in seinem Bett lag und gerade den Kopf in der Bettdecke vergraben hatte. Wenn er das Verhalten seines Freundes in den letzten Stunden richtig gedeutet hatte, war Fynn wohl etwas nervös. Justus hob eine Augenbraue in die Höhe und wandte sich dann mit einem leichten Schmunzeln wieder seinem Apparat zu. Ihm war bewusst, dass Fynn ihnen heute seine neue Freundin vorstellen wollte, was Just nicht einmal besonders überrascht hatte. Fynn war schon lange ein Frauenschwarm und Just hatte eigentlich nur darauf gewartet, dass er wieder mit einer neuen Freundin anrücken würde. Er war schon gespannt wie das Mädchen so sein würde, dass sie Fynn gut genug gefiel. Er fragte sich außerdem, ob diese Sache etwas zwischen ihnen ändern würde. Was, wenn sie weder Aaron noch Justus leiden konnte? Eigentlich war es unwichtig, schließlich musste sie letztendlich nur Fynn mögen. Allerdings hingen die drei Freunde nun mal sehr aneinander und Justus wollte auch nicht, dass sich dies änderte. Wenn er ehrlich war hatte er sogar eine ziemliche Angst davor, dass sich irgendwann etwas zwischen ihnen ändern würde. Trotzdem freute er sich natürlich für Fynn und wusste, dass es eigentlich völlig irrational war sich über so etwas Sorgen zu machen. Dinge änderten sich nun mal, das war ganz normal. Also hatte Justus diese Gedanken schnell wieder aus seinem Kopf verscheucht.
Als es an der Tür klopfte, nahm er seine Kamera aus den Händen und legte sie auf den dezent hohen Bücherstapel, der sich neben seinem Bett aufgebaut hatte. Ja, Justus hatte sich offensichtlich eingelebt.
Sein analytischer Blick fiel zuerst auf Aaron, dann zu Caspar, ihrem anderen Mitbewohner bei dem sich Just nicht einmal sicher war, ob er in diesem Raum überhaupt irgendjemanden leiden konnte, dann auf das blonde Mädchen, dass nun vor Fynn im Raum stand und sie alle ansah. Justus musterte sie neugierig, dann wanderte sein Blick weiter zu Fynn, der gerade ziemlich unschlüssig im Raum stand und sie einander vorstellte. Er wirkte etwas verunsichert und Justus konnte sich das nicht länger mit ansehen, wollte seinem Freund ein wenig helfen. Also stand der Dunkelhaarige auf und stellte sich vor das Mädchen um sie zu begrüßen. "Hallo Sandra, ich bin sehr erfreut dich kennen zu lernen. Ich bin Justus", ratterte er seine übliche Begrüßung herunter, lächelte leicht und hielt direkten Blickkontakt. Es wirkte ein wenig wie auswendig gelernt, vielleicht war es das auch, aber Justus war nun mal, trotz fehlendem Verständnis in menschlicher Interaktion, höflich. Als wäre er bei einem Bewerbungsgespräch streckte er Sandra dann auch noch die Hand hin und nickte ihr leicht zu. Okay, das war nun vielleicht doch etwas zu höflich. Es war schwierig zu berechnen, wie eine Person auf bestimmte Verhaltensweisen reagieren würde, wenn man kaum etwas über sie wusste. Fynn hatte nicht wirklich etwas Persönliches über sie erzählt. Woher sollte man da wissen wie man sich am besten verhalten sollte? Neue Menschen kennen zu lernen ohne sich vor den Augen mancher Ansichten völlig zu blamieren und sie dann auch noch dazu zu bringen ihn zu mögen, war für Justus ein wenig wie eine olympische Disziplin.
Er würde es nur ungern zugeben, aber jetzt war er doch etwas verunsichert von der Situation. Na toll, Fynns Unsicherheit war ansteckend. Nach dieser glanzvollen Begrüßung machte Justus unbewusst einen Schritt in Richtung Aaron, der sich nur unweit von ihm entfernt befand.