Gwendolyns & Juans Wohnung

Ich umfasste den letzten Karton mit meinen Händen und hievte diesen gekonnt aus dem Auto heraus, in dem die verschiedensten Kartons aufeinandergestapelt wurden. Gwen und ich hatten uns gemeinsam nach einer Wohnung umgeschaut und eine gefunden, die sich zentral in der Innenstadt befand. Unsere Vermieter, ein altes Ehepaar, wohnten unter uns und ein weiteres Paar, welches vielleicht genauso alt war wie wir, wohnten auf der gleichen Etage. Bislang hatten wir noch nicht viel mit diesem zutun gehabt, da wir gerade erst vor einer Woche nach Frankreich zurückgekommen waren aber wir hatten sicher alle Zeit der Welt um unsere Mitbewohner des Hauses kennenzulernen.
Als ich gerade die Eingangstür aufdrücken wollte, die unbeabsichtigt ins Schloss gefallen war, rief mich mein Onkel auf dem Handy an, sodass ich mir dieses einwenig umständlich zwischen Ohr und Schulter einklemmte und ihm erklärte, dass wir keine Hilfe benötigten, da wir heute ohnehin die letzten Kisten in die Wohnung bringen würden. Kaum kam ich oben an, legte ich mit einer kurzen Grußformel auf und traf in unserem kleinen, aber gemütlichen Wohnzimmer auf Gwen. Das war der letzte informierte ich sie, nachdem ich den Karton auf dem Boden abstellte.

Ich selbst hatte vor Juan noch eine Kiste hochgetragen und mich kurz auf das bisher noch abgedeckte, aber gestern schon hierher gebrachte Sofa gesetzt, um kurz zu verschnaufen und mir den Schweiß von der Stirn zu wischen. Wieso und seit wann hatte ich eigentlich so viel Zeug? Und dann kam auch Juans hinzu. Es hatte eine Weile gebraucht, bis wir alle Möbel - und wir brauchten ja wirklich alle - gebraucht und günstig genug gefunden haben und dann auch noch so, dass sie uns gefielen. Letztendlich ist ziemlich viel von meinem ersparte dafür drauf gegangen, doch genau dafür war es ja da, nur aus dem eigenen Motorrad würde erst Mal nichts werden. Gut war, dass meine Mutter auch einige Kleinigkeiten und Dekor gekauft hatte, ich hatte mich ewig bei mir dafür beschwert, weil wir das auch selbst hinbekamen und ich zu stur und stolz war es einfach so anzunehmen, doch sie sagte, es seien eben Einzugsgeschenke und ich solle endlich zu meckern aufhören.
Als Juan dann den letzten Karton hereintrug, sah ich schmunzelnd zu ihm hoch und stand auf, um ihm die Arme um den Hals zu legen und kurz einen Kuss zu geben. "Das freut mich. Übrigens​ bin ich der Meinung,
wir sollten die Dusche so schnell wie möglich ausprobieren." ich spielte auf unseren doch Recht verschwitzten Zustand an, während ich mich schmunzelnd von ihm löste und mir die Kisten ansah. "ich hab nicht Mal angefangen und jetzt schon keine Lust mehr, auszupacken." ich rümpfte die Nase, während ich seufzend alles besah. Immerhin waren die Kisten beschriftet. Auf einigen stand Küche, auf anderen Schlafzimmer, Schreibtisch, Bücher oder Wohnzimmer und noch so einiges.

Ich platzierte meine Hände automatisch an Gwens Hüften, als diese sich an mich lehnte und mir einen Kuss gab. Ich hätte auch nichts dagegen, das Wetter macht es auch nicht unbedingt besser murmelte ich und warf einen Blick aus dem Fenster. Die Sonne war zwar bereits verschwunden und allgemein war es schon kurz vor halb 9 Uhr aber die Abendluft war so warm, dass es unerträglich war draußen auf den Straßen herumzulaufen. Das war der Nachteil wenn man eine Ausbildung zum Polizisten machte: Egal wie warm es war, man konnte nicht einfach mit kurzer Hose oder oberkörperfrei auf Streife gehen, nur weil man durch die Hitze schwitzte.
Auspacken können wir auch morgen. Zumindest den Großteil. Ich ließ meinen Blick über die Kartons schweifen, die noch verschlossen im Zimmer herumstanden. Das Bett können wir morgen auch aufbauen, bis dahin schlafen wir einfach auf der Couch schlug ich vor und fuhr mir übermüdet durch die Haare. Ich hatte bereits gestern nicht viel Schlaf bekommen. Das hinterließ Spuren.

Ja, das Wetter trug eindeutig seinen Teil dazu bei, dass man sich am liebsten einfach irgendwo in eine kühle Ecke legen und kalte Getränke schlürfen wollte. Doch der Luxus war uns erst Mal nicht vergönnt. Wir hatten aber immerhin einen Balkon, den wir nutzen konnten, wenn alles nötige getan war.
"hmm, aber einen Teil sollten wir trotzdem heute schon auspacken. Am besten die Kiste für die Küche?" fragend sah ich ihn an. Da die Küche vom Vermieter zwar bereits etwas älter aber noch gut in Takt war, fehlte in der Küche nur die Küchenutensilien und das Dekor. und das Essen. Nun, Essen würden wir morgen früh wohl kaufen müssen, denn mittlerweile hatte fast alles zu.
"Hab ich kein Problem mit, wird nur etwas kuschlig. Wer als erstes auf dem Boden landet macht morgen Frühstück." ich grinste ihn spitzbübisch an, während ich in die Küche ging, wo die Kisten für diese standen. Da diese ein zum Wohnzimmer offener Raum war, sah ich Juan von dort aus immer noch.

Die Hitze zerrte sowohl an Gwens als auch an meinen Kräften, auch wenn ich normalerweise an die Sonne Portugals gewöhnt war. Dort war es normal, wenn die Temperatur über 35 Grad stieg. Hier in Frankreich kam das nicht allzu häufig vor aber der schwüle Zustand war nur umso schlimmer. Vor allem dann, wenn man sich mitten im Umzug befand.
Wäre zumindest kein Fehler Ich hatte plötzlich das Bedürfnis meine Hände zu waschen, unter anderem weil diese dezent klebten, nachdem ich die letzten Kartons hoch in unsere Wohnung geschleppt hatte. Und das wird wohl der sein, der am Rand liegt antwortete ich schmunzelnd, bevor ich den Karton mit den Gläsern suchte, wovon ich gleich zwei mit Leitungswasser füllte. Als ich den ersten Schluck Wasser nahm, nachdem ich Gwen das andere Glas hingeschoben hatte, spürte ich bereits, wie sich meine Kehle entspannte, die zuvor am Austrocknen gewesen war.
Nachdem ich das Glas ausgetrunken hatte, fing ich an, einen der Kartons auszuräumen. Dabei war bereits klar, in welche Regale oder in welche Schränke die Küchenutensilien eingeräumt werden sollten. Das ersparte uns sowohl Zeit als auch Diskussionen.

Was das am Rand liegen anging, so hatte Juan recht. "Und das wirst, wenn es nach mir geht, du sein." erwiderte ich ganz ohne umschweife oder falsches Schleimen. Das war er ja von mir gewohnt und wir würden wohl noch eine Weile darüber diskutieren, wobei nie klar war, wer die Diskussion am Ende gewann, denn wir waren beide mehr als stur. Jedoch kam es niemals zum Streit. Wir diskutierten einfach gerne und ärgerten uns gegenseitig.
Ich stand ebenfalls auf und wischte mir neuen Schweiß von der Stirn, ehe ich Juan dankend das zweite Glas abnahm und es mit wenigen großen Schlücken leer trank. Ich seufzte wohlwollend über das kühle Nass, dass so wundervoll meine trockene Kehle hinunter floss. Selten hatte Wasser so gut geschmeckt. Ich stellte das Glas auf die Anrichte der zum Glück vollkommen eingebauten Küche, die uns der Vormieter überlassen hatte und machte mich an eine der Kisten für die Küche. "Ich hoffe, wir haben wirklich alles für die Küche. Am Ende haben wir sicher etwas wichtiges vergessen." Schließlich besaßen wir beide keine Küchenutensilien. Wir hatten diese kaufen müssen, beziehungsweise einiges von meiner Mutter überlassen bekommen. Nach und nach räumten wir die Kisten für die Küche ein. Es war auch nicht besonders viel, jedoch viel verschiedenes, da man verschiedenes für die Küche brauchte.

Meinst du? Ich hatte eigentlich vorgehabt, morgen auszuschlafen, während du das Frühstück vorbereitest erwiderte ich schmunzelnd und stellte die letzte Tasse aus meinem Karton in den Schrank, bevor ich den Karton wegräumte und die Küche verließ um den Karton zu suchen, in dem sich die Sachen für den Hund befanden der irgendwo herumstreunte und die Wohnung genauer unter die Lupe nahm, schließlich war er bei unserem ersten Besichtigungstermin nicht dabei gewesen. Stattdessen hatte sich Mary freundlicherweise um ihn gekümmert.
Kaum hatte ich sein Körbchen auf den Boden gestellt, hörte ich auch schon wie er angelaufen kam. Naa? Ich kraulte ihm die Ohren und richtete mich schließlich auf um seinen Napf mit Wasser zu füllen, den ich in der Küche vorübergehend auf den Boden stellte. Wir würden uns mit Sicherheit morgen genauer überlegen, wo genau Frechdachs' Sachen hinkamen aber heute würde diese provisorisch errichtete Futter- und Wasserquelle reichen. Das werden wir noch früh genug merken, wenn wir wirklich was vergessen haben sollten. Und wenn ja, lässt sich das bestimmt problemlos nachkaufen. antwortete ich und legte eine Hand auf ihre Schulter. Ich machte mir da keine so großen Sorgen. Ich geh jetzt aber erstmal duschen verkündigte ich und begab mich auf dem schnellsten Weg zu den Kisten zurück um nach einem der Badezimmer-Kartons zu suchen und mit einem Handtuch in der Hand im Bad zu verschwinden.
Ich kam zwar verhältnismäßig besser mit der Hitze klar als Gwen und doch nahm ich gerne Gebrauch von der Redewendung: "Wer zuerst kommt, malt zuerst".