with: Noah Skov & Liam Swan
„Warum nicht?“, wiederhole ich seine Frage gereizt. „Dieser scheiß Glitter klebt für die nächsten Monaten wahrscheinlich in jeder Ecke der Wohnung.“ Ich verdrehe die Augen und reibe mir über meinen Nacken. Meine Aussage ist mehr als nichtig, wenn man bedenkt, dass meine Wohnung aus einer alten Fabrik besteht, welche nur grob renoviert worden ist. Außerdem war ich der Letzte, der so viel Wert darauf gab, dass es blitzblank ist. Das zeigen die paar Bierflaschen auf dem Tisch, die Schnapsflaschen auf dem Billardtisch, meine Klamotten am Boden, rausgefallene Zigaretten und eine verdorrte Zimmerpflanze, die mir die Immobilienverkäuferin bei dem Kauf in die Hand drückte. Hatte ich sie nicht aus dem Fenster geworfen? Wage drückt sich eine Erinnerungen in meinem Kopf ins Gedächtnis hervor. Ich hatte sie tatsächlich aus dem Fenster geworfen und als ich nach einer Tour durch die Stadt wieder total bekifft zurückgekommen bin, habe ich sie vor meiner Wohnung auf der Straße gefunden. Ich habe sie an den Beifahrersitz angeschnallt, bin mit ihr zum nächsten Baumarkt gefahren und habe einen neuen Topf gekauft. Ich hatte keine Ahnung, was das für ein Gestrüpp ist, aber so wie es scheint, habe ich mich in den nächsten Wochen nicht mehr darum gekümmert. Mich sollte es auch nicht kümmern.
Der Kuss war wie ein kleiner Auffrischer alter Erinnerungen, die in New York lagen. New York, mein Zuhause, meine Heimat, meine Lieblingsstadt. Dort fanden nicht nur die zerstörerischen Partys statt, an den Autos in die Luft flogen und diverse, illegale Drogen durch die Hand gehen, sondern auch die verrücktesten Ideen unserer Gruppe wurden dort veranstaltet. Es gab sogar Momente, wo wir uns wie ein gewöhnlicher Freundeskreis verhielten. Gruselig und angsteinflößend, ich weiß. Konnte einer von uns überhaupt solange nüchtern bleiben? Wer könnte überhaupt am längsten nüchtern bleiben? Sollte ich mal eine gute Woche haben, sollte ich mit ihnen eine Wette schließen. 'Bis jetzt ist nur Skov hier', rief ich mir ins Gedächtnis und verwarf meine Idee kurzerhand wieder. Ich setze meinen Fokus wieder auf Skov. Waren die Nächte besonders schlaflos und schlimm – was sie derzeit definitiv waren – dann hatte ich so viel Zeug intus, dass mein Gehirn nicht mehr wusste, auf was es sich konzentrieren sollte. „Also ja,“ erwidere ich überzeugt und entschlossen. Ich würde mich nicht als Mittelpunkt der Gruppe bezeichnen, aber ich war es, der nie den Kontakt zu ihnen verlieren wird. Ich bin der Kleber und würde ihre verdammten Schuhe am Fußboden festkleben, wenn es sein musste. Einmal in dem Abgrund gefangen kommt man nicht mehr so schnell raus. Vorallem alleine ist man hoffnunglos verloren und ich wollte mich nicht so einsam fühlen wie die letzten Wochen. Ich hasste es, nicht alle um mich herum zu haben. Warum keiner auf die Nachricht reagiert hatte und Skov einfach so vorbeikam, erschien mir im ersten Moment zwar unlogisch, bei längerem Nachdenken doch plausibel. Ich mochte nicht nur den Knall, wenn etwas in die Luft fliegt, sondern auch den Knall, den es durch mich hindurch macht, wenn ich meine Jungs wieder sehe. So verdammt bescheuert es sich auch anhört.
Ich war irgendwie erleichtert, dass Swan wusste, dass Skov hier ist. Gleichzeitig glaubte ich auch, dass es dann auch nicht lange dauern würde, dass er seinen Weg hierher findet. Und wenn man vom Teufel spricht höre ich die bekannte tiefe Stimme schon in Richtung der Tür. Skov löste sich bereits von mir und ich mache auch eine abwendende Bewegung. Swan schien eh etwas ins Stocken geraten zu sein und den Grund wusste ich natürlich, weshalb ich einen langen, bedeutungsvollen Blick mit ihm austauschte. Mir konnte man – meiner Meinung nach – nicht vorwerfen, dass ich ein schlechter Freund bin, weil ich mit dem Schwarm meines Freundes ab und was habe, denn er gab es nie direkt zu. Ich wollte ihn dazu bringen, dass er einfach sagt, dass ich meine Finger von dem Weißhaarigen lassen sollen und ich würde den Worten Folge leisten. Ein komplettes Arschloch bin ich nun auch nicht, besonders nicht zu jemanden, der wie ein Bruder für mich ist. Ich machte nicht mit Absicht manchmal mit Skov rum, um ihm eins auszuwischen, sondern weil es so zuvor auch war, bevor Gefühle ins Spiel gekommen sind. Ich würde Swan nur verraten, wenn ich auf einmal einen Rückzieher mache. Deswegen blieb ich wie immer in meiner Rolle.
Ich gehe unbeirrt auf meinen vermissten Freund zu und sage beim Gehen noch: „Mädels? Ich kann dir gern was zeigen, was dich vom Gegenteil überzeugt.“ Ich grinse schelmisch und schließe den um rund zehn Zentimeter Größeren kurz in die Arme. „Schön, dass du da bist. Kaum zu glauben, aber ich habe dein hässliches Gesicht fast schon vermisst.“ Unsere Konversationen waren wie immer natürlich jugendfrei, ohne Zynismus und Sarkasmus und vollkommen professionell. „Der Mist stammt von ihm,“ füge ich noch hinzu, zeige auf meinen glitzerbestäubten Körper, der wahrscheinlich aussah wie von einer beschissenen Fee, dann auf mein Bett, was ebenfalls davon überhäuft war und anschließend auf den Täter. Ich wende mich kopfschüttelnd ab, im Wissen, dass Swan von Skov sicher gebührend begrüßt wird. Ich mache mich auf in die Küche und schnappe mir dort eine Zigarette, welche rumlag. Ich zündete sie an, nahm ein paar Züge und fragte in die grobe Richtung der beiden: „Lust auf eine Torte? Hatte wohl gestern noch Heißhunger.“ Ich befördere eine Sahnetorte auf die Küchenablage und starre sie einige Sekunden lang grimmig an, ehe ich eine Gabel nehme und ein Stück aufspieße, so gut es eben ging. Ich fühlte mich, als hätte ich fünf Jahre nichts gegesssen. „Wie läufts zuhause?“, frage ich als ich in der Annahme war, dass die beiden mir zuhören würden. Wenn sie keine Lust auf Torte hatten, würde sie wohl komplett in meinen Magen verschwinden und in einer Stunde wieder ihren Weg herausfinden.
{sorry, so um 12 Uhr rundrum sollte ich wohl lieber keine Posts schreiben, da drifte ich doch ziemlich stark ab xD}