Ich fühle mich etwas fremd in der Situation. Auch wenn ich in der Öffentlichkeit auch ruhig bin, ist es für mich definitiv ungewohnt, gerade gegenüber meinem besten Freund nicht zu wissen, wie ich handeln soll. Zum einen liegt dass daran, dass ich ihn noch nie so erlebt habe, zum anderen daran, dass ich nicht weiß, warum er so zärtlich ist, warum er so anders ist als sonst, ob das noch er selbst ist. Zudem gäbe es da diesen Konflikt, den ich die ganze Zeit von mir schiebe und zwar den, was wäre, wenn es wirklich so ist, wie Lars sagt. Was ist, wenn er wirklich nicht wusste wie er mit mir umgehen sollte und erst jetzt erkannt hat, was er wirklich will. Was wäre dass denn? Vielleicht konnte man das aufeinandertreffen unserer Lippen nicht gleich Küss nennen, aber dennoch würden mir jetzt schon unglaubliche Schwierigkeiten zu dieser Thematik einfallen, an die ich gar nicht denken will. Ich will einfach weiter daran glauben, dass ich ein süßes, abenteuerlustiges und nicht zimperliches Mädchen finde, dass mit mir lachen kann und für die ich Sorgen kann, die mich irgendwann heiratet und mit mir Kinder bekommt.
Bei Lars Komplimenten muss ich gezwungen Lächeln. Wird es wohl immer so sein, dass wir dem anderen klarzumachen versuchen, was für ein toller Mensch er ist und uns selbst unter denjenigen stellen? Egal wie umständlich solche Diskussionen wären, ich genieße sie doch irgendwo, weil auch ich, ein scheinbarer Menschenfreund, manchmal mehr Anerkennung und einfach jemanden wünsche, der nicht nur oberflächlich urteilt, sondern mich ehrlich schätzt, obwohl er meine ganzen Schwächen kennt. Dennoch schüttle ich den Kopf auf seine Worte und muss mich wirklich zusammenreißen, ihn nicht zu unterbrechen. Ich muss abermals Lächeln, nun aber viel glücklicher. ”Okay, ich akzeptiere deine Argumente und Komplimente, aber dennoch will ich dir etwas sagen. Ich habe es schon gesagt und ich werde es wieder sagen. Immer wieder. Jeden Tag wieder, wenn es sein muss. So lange, bis du es verstehst. Es mag alles sein, was du gesagt hast, aber du vergisst etwas. Du bist viel mehr, als jemand, der von anderen Leuten gebaut wurde. Ich kenne dich Lars. Wir haben beide eine strenge Erziehung auf eine andere Weise hinter uns, aber dennoch sind wir auch wir selbst. Alles von uns, ist das was uns ausmacht. Dazu zählen auch Erziehung und das Umfeld, aber kein mensch kann nur aus Taten anderer bestehen. Ich kenne niemanden, der so loyal und treu ist wie du, so ehrlich und aufrichtig, nie darauf aus, jemandem wehzutun. Man kann immer zu dir kommen mit einem Problem, du hörst zu und versuchst zu helfen, eine Lösung zu finden. Du magst erst einmal kalt scheinen, aber du hast ein großes Herz, indem du Platz zum Beispiel für alle deine Geschwister hast. Und weißt du, ich bin froh, dass ich da auch einen Platz habe, denn egal wie schwer es ist, sich diesen erstmal zu erkämpfen, es lobnt sich und ich bereue es nie dein Freund zu sein. Ich bin dankbar dafür.” Ich atmete tief durch und drückte mich dann einfach lächelnd an ihn, in der Hoffnung, seine gute Stimmung würde noch ein bisschen länger anhalten, damit ich nicht wieder weggestoßen werden würde.