Ich zucke mit den Schultern, als sie meinte, ich solle mal überlegen ob es eine Beziehung war. „Nein, war es nicht. Also ich meine, es war nie eine Beziehung. Das kam nie in Frage und ich habe absolut keine Lust auf dieses Rumgestresse.“ Ich betrachte sie von der Seite. Ich wollte ihre Taktik in diesem Augenblick herausfinden, aber sie bleibt undurchschaubar. Irgendetwas war da, aber ich kann es nicht mal benennen. „Wie viele Beziehungen hattest du denn?“, frage ich im Gegenzug genau so beiläufig und neutral wie sie. In unserem Alter und besonders auf dieser Schule ist es wohl das geläufigste Thema überhaupt.
Ich fragte mich, ob sie wohl so etwas wie einen Psychologiekurs hat, denn sie scheint etwas Bedeutenderes darin zu sehen, als es letztendlich war. Ich war ziemlich schubladendenkend, wenn es um so etwas ging. „Keine Ahnung, ich kann mich selbst schlecht bewerten. Willst du irgend so einen Psychologietest ausfüllen, um den tiefsten Abgrund meiner Seele zu erforschen?“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch und sehe sie einige Sekunden lang forschend an, bevor ich mich wieder meinem Esen widme.
Bei ihrer spöttischen Bemerkung hatte ich nur ein kleines Grinsen übrig und erwiderte: „Das sollte dir auch leid tun, habe ein Patent darauf legen lassen auf die Fragen.“ Ich strecke meine Beine aus und berühre dabei ihren Fußknöchel. Ich bewege meine Beine nicht weg, es sind ja nur Fußknöchel und keine anderen Körperteile. Sie stellt mir mal eine neue Frage und sogar eine, wo ich erstmal stark überlegen muss. „Hm, ich würde sagen, ich würde zuerst ein bisschen reisen, dann ein Grundstück kaufen mit See und einem kleinen Haus daneben und dann das restliche Geld zurücklegen. Will nicht zu den Idioten gehören, die alles aus dem Fenster schmeißen.“ Ich esse den Rest von meinem Essen und trinke auch den letzten Schluck.
Sie tat nichts später. Unerwartet. Ich dachte, sie hätte hier tausende Freunde, die was mit ihr unternehmen wollen und am besten auch noch Vorzeige-Menschen sind. „Ich werde in den Park oder in den Wald gehen um zu fotografieren.“ Ich reibe mir gedankenverloren über die Fingerknöchel. „Wenn dir hier langweilig wird, kannst du ja nachkommen,“ schlug ich so neutral und gelangweilt wie möglich vor. Ich verstehe es selbst nicht, warum ich sie das gefragt habe.