Amabie Svobodová & Jasper McLeod

Ich raufe mir etwas die Haare und seufze leise, bevor ich noch einen Schluck Kaffee aus meiner Tasse nehme und den Stift erstmal beiseite lege. Ich bin nicht der einzige, der noch zu tun hat, doch bemühe mich ausnahmsweise um kein Gespräch, da ich ebenso wie meine Kollegin einfach nur schlafen will. Immer wieder muss ich daran denken, dass Damien entweder auf mich wartet oder einfach schlafen kann, wann er Lust hat, aber ich muss diese Klausuren unbedingt noch fertig bekommen. Seitdem ich Klassenlehrer bin habe ich natürlich noch einmal mehr zu tun und auch wenn ich meine Arbeit liebe, wünsche ich mir in Momenten wie diesen, dass ich eine nicht so anspruchsvolle Aufgabe hätte. Morgen ist jedoch Notenkonferrenz für den Jahrgang meiner Klasse und ich muss alles fertig haben. Zum Glück ist es nicht mehr ganz so viel, dass ich durchsehen muss und dann muss ich alle Endnoten nur noch eintragen. Das geht hier bei weitem besser als zu Hause, da ich hier sowieso effektiver arbeite, trotz Müdigkeit. Ich habe kaum registriert, das die junge Lehrerin kurz weg war, doch nun wo sie sich mit einem kleinen Mädchen unterhält, erwache ich aus meiner Starre. Ich beobachte die kleine lächelnd, wie sie malt und erzählt und denke daran, wie sie wohl später sein wird, wenn sie so alt ist, wie meine Klasse. Sie hat noch so viel zu erleben und ich bin mir sicher, dass sie selbst jetzt ihr Leben schon aufregend und manchmal aber auch blöd findet.
Ich entscheide mich dazu, weiterzuarbeiten und die beiden nicht in ihrem Gespräch zu stören, doch werde auch ich sichtlich von der kleinen Maus abgelenkt und werde wieder etwas munterer, durch die kleine Abwechslung im abendlichen Trott.

Ich werde aus meinen Arbeiten gerissen, als an meinem Shirt gezupft wird und gleich darauf, eine leise Stimme ertönt, die mich fragt, wie mein Name ist. Natürlich verrate ich der Kleinen gerne ihren Namen und sehe mir schmunzelnd ihre Zeichnung an. Bevor ich jedoch etwas antworten kann, unterbricht uns ihre Mutter. Die beiden unterhalten sich etwas, wobei ich natürlich nichts dagegen hätte, mich mit der offensichtlichen Tochter Amabies zu unterhalten, auch wenn die Arbeit ruft. "Ich will euch nicht unterbrechen, aber von mir aus ist es wirklich in Ordnung, wenn sie hier unten bleibt. So werde ich bei den ganzen Zahlen etwas unterhalten." wende ich mich lächelnd an meine Kollegin, als ich denke, dass die Diskussion zwischen Mitte rund Tochter erstmal beendet ist.
"Vielleicht kannst du ja noch etwas malen oder dir ein Buch anschauen, bis ich die nächsten Seiten fertig habe und dann kann ich auch mal versuchen, was mit dir zusammen zu malen." biete ich der Kleinen an. "Aber natürlich nur, wenn du mir auch deinen Namen verrätst." grinse ich und halte ihr die Hand hin zum Einschlagen. Ich wusste zwar nicht mehr genau, wie solch junge Geschöpfe tickten, doch ich versuchte mein Bestes, dass sie mich mochte, wie bei jedem Menschen.

Ich muss über das süße Mädchen einmal mehr Schmunzeln und kann in feinster Weise böse über diese aufmunternde Störung sein. Ebenso könnte ich niemals böse sein, weil Amabie einfach unglaublich nett und umsichtig ist. Ich nicke bekräftigend auf die Worte meiner Kollegin hin, denn natürlich durfte ich meine Arbeit nicht vergessen. Auch ich wäre gern so unvernünftig gewesen, wie ich in dem Alter der kleinen war. Dann hätte ich einfach nicht weiter gearbeitet, sondern das getan, was mir Spaß macht und zwar in dem Fall mich mit der Tochter der Lehrerin zu unterhalten.
Nun erfuhr ich auch endlich ihren Namen, Lena, und schüttelte grinsend ihre Hand. "Du bist ja schon wie eine große Erwachsene." lobte ich sie schmunzelnd, da ich annahm, dass sich Kinder über solch ein Kompliment oft freuten und sah ihr belustigt zu, wie sie brav zu ihrer Mutter hüpfte. Gezwungenermaßen machte ich mich wieder an die Arbeiten und erledigte auch schnell Aufgaben, bis ich das Gespräch zwischen Amabie und Lena wahrnahm. "Oh, also ich will mich nicht einmischen, aber ich habe selbst ein Pferd und kenne auch einige andere Pferdebesitzer von dem Hof in der Vorstadt, bei denen sicherlich mal ein Pferd gestreichelt werden darf. Meine Oma hat aber auch ein Gestüt auf dem es zwei Ponys gibt, wenn ihr vielleicht auch mal auf einem sitzen wollt." schlug ich ihnen vor und wartete gespannt auf Lenas Reaktion. Irgendwo sah ich in ihr auch mich als Kind wieder, der Sonnenschein, der neugierig neue Leute kennenlernen wollte und einfach Fremde ansprach und unglaublich von Pferden zu begeistern war.