Schon oft hatte ich darüber nachgedacht für was ich sterben würde. Im Grunde genommen hatte ich ja meinen Bruder, meine Eltern und meine Großmutter. Ganz abgesehen von Murphy. Der Rüde ist wohl oder übel alles was ich im Leben brauchte und haben wollte, alles was mich begleiten sollte und alles, was mein Herz begehrt. "Ich weiß, das es schwer ist für dich", flüsterte ich sanft und warmherzig, denn ich wusste, wie schwierig es sein konnte, frei zu sein. Noch nie hatte ich einen Job wie den seinen, noch nie wurde ich so getrimmt auf etwas, was vielleicht gar nicht meinem wahren Charakter entsprechen würde. Meine Eltern hätten mich auch geliebt und akzeptiert, wenn ich bei der Müllabfuhr gearbeitet hätte, Hauptsache ich bin glücklich.
"Was war das Erste, das du dir gewünscht hast, als du bei der Army gehen konntest? Was ist etwas, das du gerne mal wieder machen würdest? Verreisen? Essen gehen? Schwimmen? Joggen? Feiern?", aus diesen Worten kam deutlich hervor, dass ich ihm mit allem helfen würde, in ein normales und glückliches Leben zu starten, in solch eines, das man sich wünscht für einen jeden Kerl.
"Weißt du, ich stelle es mir ziemlich schön vor irgendwann mal mit einem Menschen dort oben zu sitzen und den Moment einfach genießen, wie die Sonne auf geht. Einfach dort sitzen bleiben, den ganzen Tag und alles genießen, die Nacht, die Kälte,..", ich breche ab und schüttle den Kopf. Verdammt, warum kam in meinem Kopf ein Bild von Cole und mir? Wie er seinen Arm um mich legt, wie er mir zuhört und schon längst vertraut.
Noch nie hatte ich solche Gefühle für einen Menschen empfunden, noch nie hatte ich jemanden kennen gelernt, bei dem mein Herz schneller schlug, wenn seine Hand die meine Berührte, mein Atem schneller wird, sobald er mir ein Kompliment unterbreitet. Cole war so etwas wie der Mensch, den ich brauchte um glücklich zu sein und doch wollte ich es nicht zulassen. Er war noch nicht so weit und ich auch nicht, immerhin war es noch nicht lange her, dass ich meinen Ex - Freund in den Wind geschossen hatte.
"Ich schätze es wenige Freunde zu haben und deshalb habe ich wohl kaum Gesellschaft. Mir reicht mein Bruder, Murphy und… du", das letzte Wort war sehr leise und wahrscheinlich kaum hörbar. Ich wollte die Karten noch sehr lange nicht auf den Tisch legen, immerhin ist Cole noch ziemlich unsicher mir gegenüber.
"Du hörst dich an wie mein Vater", murmle ich nur leise und ziemlich bedrückt, wobei ich auf meine Lippe biss. Mein Vater war nie wirklich glücklich über meine Berufswahl und doch war es mein Traumberuf. Ich wollte diesen Beruf. "Wenn du wüsstest wie weit ich auf dem Revier schon gekommen bin. Ich habe einige Abteilungen unter mir, ich schreibe die Dienstpläne und ich bin ein festes Mitglied der Hundestaffel… Doch irgendwo reicht mir das alles nicht, ich bin immer noch zu viel zuhause. Zu wenig am arbeiten", immerhin reichen 45 Stunden in der Woche nicht, das wäre ja auch zu einfach.
"Bisher hatte ich das ganze erst einmal. Es gibt Menschen denen kann man vertrauen. Ich habe noch nie schlecht über Menschen geredet, die ich mal geliebt habe.", dabei sage ich nur die Wahrheit. Egal wie sehr Jasper mich hin und wieder nervte, egal wie gerne ich über ihn lästern würde. Er ist mein Bruder. Cole ist irgendwo auf einer ähnlichen Ebene. Nur an einem anderen Platz in meinem Herzen.
Ziemlich zufrieden stelle ich fest, dass er meinem Blick nicht ausweicht und ihn anscheinend auch zu genießen schien. Der Lockenkopf schein ganz langsam, wie ein kleiner Gletscher, zu schmelzen und aufzutauen. "Du kannst sehr gerne so weiter reden", spaßte ich, denn ich wusste, dass er es nicht machen würde, doch für ein kleines Lächeln würde ich fast alles tun.
"Echt? Ich könnte das nicht. Aber das ist wohl Erziehungs und Charaktersache. Meine Eltern hatten es voll auf soziale Kontakte und Kompetenzen gesetzt. Ich war ein ziemliches Arschloch als Jugendliche, nur weg, nur am saufen und habe alles eingeschmissen, was ich nur gefunden hatte." Leicht tippte ich auf meine Armbeuge wo noch immer Wunden und Narben zu sehen waren. "Erst mein jetzige Beruf hatte ich zu dem gemacht, was ich jetzt bin. Leute wie du, sind emotional belastbarer wie ich. Oft liege ich abends, da ich niemanden habe der mir zuhört, im Bett und kann nicht schlafen. Als ich den ersten Menschen erschossen habe, konnte ich Wochenlang nicht ordentlich schlafen.", oftmals hatte ich irgendwo leicht die Stimme verloren, als würde sie mir weg knicken. "Aber ich hoffe wirklich, das ich irgendwann keinen halben Nervenzusammenbruch mehr habe, falls so etwas nochmals vorkommen muss.", dies alles hatte ich noch keinem erzählt, nicht mal meine Familie wusste es und doch hatte ich es nun Cole erzählt, was ich irgendwie nicht glauben konnte, auch wenn ich es wollte. "Gleich sind wir oben", stelle ich fest um mich selbst abzulenken, immerhin hatte ich ihm gerade einen ziemlich weiten Einblick in meine verletzliche Seele gewährt. Murphy hatte sich, als ich mich beruhigt hatte, wieder von mir gelöst und war zu Kovu gerannt, zufrieden und glücklich trottete er wieder neben dem anderen Rüden her, sprang dann aber die letzten Meter nach oben und stand hechelnd auf dem Bergchen oben.