Alles zusammen, irgendwie

Langsam gehe ich etwas umher. Noch ist alles ruhig und still. Ich würde es hören, wenn jetzt eine Nadel auf den Boden fallen würde. So sanft und hart zur gleichen Zeit. Und doch höre ich mein eigenes leises Atmen, mein Herz welches pumpt und plötzlich habe ich das Gefühl, als würde ich beobachtet werden. Einfach aus dem Nichts kommt das Gefühl und das mag ich ganz und gar nicht. Ja gut, wer würde das denn auch schon mögen?
Nach einer Weile setze ich mich einfach auf einen Stuhl. Es ist noch früh morgens, weshalb ich denke dass die Meisten noch schlafen. Eigentlich gefällt mir das ziemlich gut. Man wird nicht gestört, niemand der einen doof anglotzt und einfach friedlich. Irgednwie.
Ich hole meine Wasserflache aus meinem Rucksack und dann noch meine Tabletten. Eigentlich habe ich dieses Mal nicht sonderlich Lust sie zu nehmen, ich fühle mich wieder etwas besser, der Anfang einer Manie. Sollte ich sie einfach weg lassen? Sollte ich wieder so werden, als wäre ich auf Drogen? Ohne wirklich auf Drogen zu sein? Sollte ich wieder freu werden? Manisch? Komplett verrückt? Ich möchte irgendwie, denn mit Tabletten fühle ich mich...anders. Nicht ich. Irgendwie sind meine Gedanken dann verschwommen.
Ich lasse die Flache wieder in meiner Tasche fallen und auch die Döschen mit den Tabletten drin.
Dann hole ich mein Buch raus. Ich muss noch ein paar Sachen erledigen. Religion. Besser gesagt; Religionen. Verschiedene. Griechisch, Römisch, Christlich, Jüdisch, Hundiusmus...und noch viele mehr. Wie viele Relgionen es überhaupt gibt? Ich weiß es nicht.

Ich hatte meine beiden Hunde an meiner Seite, weil ich eigentlich nur kurz in den Bibliothek um den Unterricht vorzubereiten. Ich wollte ein paar Bücher suchen mit denen die Klasse heute selbst ein wenig was erarbeiten konnte, denn zuhören tat mir da eh niemand, also vielleicht funktionierte das so besser. Die kleine Setterdame lief ein wenig voraus und schnupperte an allem was sie sah, während der alte Rüde immer dicht bei mir blieb und die kleine Hündin immer mal wieder anknurrte wenn sie ihm zu nervig war. Ich schüttelte nur den Kopf dabei, die zwei waren schon ein komisches Team. Ich schleppte mich und meine Tasche dann in die Bibliothek und sah mich dann dort erst einmal um. Lange war ich noch nicht also musste ich mich überall erstmal orientieren, mein blindes Auge stand auf einem Fleck wie immer. Ich merkte es daran, das es nicht zu hundert Prozent nichts mehr sah, ich hatte dort vielleicht noch fünfzehn Prozent, weswegen sich auch ein verschwommendes Bild von dem Auge bildete. Ich sah ein Mädchen in einer Ecke sitzen, ließ sie aber erstmal links liegen. Da ich allerdings feststellte das ich ebenfalls in die Ecke musste schlich ich dann da hin. Ich sah mir dort ein wenig die Bücher an, auch die die sie auf dem Tisch hatte. Ach bereitest du dich schon auf den Unterricht vor? fragte ich sie dann mit einem verhältnismäßig warmen Ton in der Stimme. Mido machte sich natürlich sofort wieder auf sie zu nerven, während Zanto sich auf die andere Seite an den Tisch setzte. Als Mido anfangen wollte ihre Schuhe zu fressen schritt ich ein Midotonia! Aus! sagte ich etwas lauter in einem strengen Ton. Zanto guckte mich auch etwas erschrocken an, was sich aber auch gleich wieder legte. Die Setterhündin winselte kurz und legte sich dann neben den Stuhl des Mädchens.

Eigentlich ist es ganz interessant. Ich sehe mir ein paar Bilder von Hades an und vergleiche diese mit den anderen Religionen. Hades, Luzifer, Pluto und einige anderen. Anscheinend gibt es in jeder Mythologie einen Teufel. Irgendwie verstehe ich das nicht. Wieso muss es denn einen geben? Schon merkwürdig. Ich weiß auch nicht wieso es einen Gott gibt, oder mehrere. Immerhin ist hier trotzdem nur Leid und Übel auf dieser wunderschönen, grauenvollen Welt.
Plötzlich bemerke ich, dass jemand rein kommt und sehe vorsichtig auf. Mr. Smirnov kommt in die Bibliothek rein. Was macht er hier denn so früh am Morgen? Und sind das...sind das zwei Hunde? Etwas erschrocken blicke ich hin, bevor ich beschließe mich wieder dem Buch zuzuwenden. Die meisten Hunde sind ja ganz nett, denke ich. Meiner Zuhause ist es. Naja...was heißt schon Zuhause. Hier ist jetzt mein Zuhause.
Ich blättere weiter und informiere mich noch, als Mr. Smirnov langsam in diese Richtung kommt. Leichte Panik macht sich in mir breit und ein leichten Unwohlsein. Es ist komisch mit einem Lehrer alleine zu sein. Auch in einen so großen Raum mit vielen Büchern.
Als er schlussendlich ankommt sehe ich erst zu seinen Hunden runter. Einer von ihnen möchte mein Schuh essen, doch der Mr. greift dazwischen, sodass mein Schuh schön heile bleibt.
Erst danach antworte ich ihm. Guten Tag Mr. Smirnov sage ich freundlich und nicke kurz. Höflichkeit muss immerhin sein. Soweit ich dazu im Stande bin. Ja ich..hatte gerade Zeit murmele ich dann. Ich möchte ja nicht schleimen, doch das Thema interessiert mich wirklich und da ich nicht mehr schlafen konnte...naja...wie das wohl rüber kommen mag? Hoffentlich übersieht er die leichte Röte, die nun mein Gesicht beitritt.

Ich sah mich zwischen den Bücherreihen etwas um, während ich meine Schultern aus einer autoritären, feste, hoch positionierten Lage in eine lockere, tieferer verfrachtete. Mein Rüde entspannte sich dann auch sichtlich, er achtete immer darauf was ich tat, im Gegensatz zu Mido die mehr mir der Welt als mit mir beschäftigt war, aber sie war ja auch noch jung und musste das eben noch lernen. Es war manchmal nicht leicht mit jungen Hunden, aber ich hatte das zu Genüge gesehen, dank der Riesenschnauzerzucht meiner Eltern, auch wenn sie diese nicht mehr führten.
Ich merkte das es ihr etwas unangenehm zu schien, ihre Geschichte war mir bekannt. Ich versuchte deswegen ihr nicht allzu nahe zu kommen, zumal ich fand das immer eine gewisse Distanz zwischen zwei Menschen die sich nicht kannten oder einer eine höhere Stellung hat vorhanden sein sollte. Mit höherer Stellung meine ich nicht das einer mehr Wert ist als der andere, aber das einer eine Autoritätsperson war oder der Vorgesetzte des Anderen.
Hallo Alessia begrüßte ich sie dann nachträglich und nickte bei ihrer Aussage. Sehr vorbildlich von dir. Worüver beliest du dich denn gerade? fragte ich dann aus reiner Neugierde. Ich suchte währenddessen noch ein paar Bücher heraus und legte diese auf den Tisch. Zanto beäugte diese dann so akribisch als würde er sie lesen wollen, was ich beinahe schon witzig fand und ein wenig schmunzelte, allerdings kaum sichtlich.

Er beobachtet seine Hunden, wie auch ich es hin und wieder tue. Die beiden scheinen eigentlich ganz nett zu sein, zumindest gehe ich einfach mal davon aus. Ich gehe nämlich nicht davon aus, dass er die Beiden mitnehmen würde wenn sie gefährlich wären. Hoffe ich. Aber eigentlich müsste es so sein, denn wenn etwas passieren würde wäre es seine eigene Schuld und er müsste sich dafür verantworten.
Als er mich zurück begrüßt, nicke ich leicht und versuche dabei etwas zu lächeln. Er ist als Lehrer eigentlich ganz in Ordnung, nur habe ich ihn eben Außerhalb noch nicht getroffen. Ich treffe sowieso kaum jemanden Außerhalb. Wozu auch? Gerade beliebt bin ich nicht und das ist mir auch ziemlich egal. Ich bin mehr oder weniger eine Einzelgängerin und mache einfach mein Ding. Dazu gehört es wohl gut in der Schule zu sein, doch das verdanke ich mehr oder weniger mein gutes Gedächtnis und nicht dem Lernen. Denn Lernen ist wirklich nicht meins. Nur wenn es um etwas Interessantes geht, wie Relgigion der Fall ist.
Als er mich danach fragt worüber ich denn gerade lese, sehe ich wieder kurz ins Buch. Über die verschiedenen Teufel in den verschiedenen Religionen antworte ich und sehe erst nachdem ich den Satz gesprochen habe, wieder zu ihm rauf. Er hat sich deutlich etwas entspannt, so wie auch ich mich gerade etwas entspanne, oder es wenigstens versuche. Das ist nicht immer so einfach, aber in letzter Zeit bekomme ich das doch ziemlich gut hin.
Und was machen Sie gerade? frage ich und schon sofort als die Worte meinen Lippen überquert haben, bereue ich es denn mir kommt die Frage ziemlich unhöflich vor.

Meine dunkelbraunen Augen suchten die Abteilung für geschichtliche Bücher, da ich der Meinung war, das ich dort ein paar Bücher finden würde die ganz hilfreich sein könnten. Mir war bewusst das viele Schüler nicht einmal mehr wussten was ein Buch war, aber das würden sie heute schon noch lernen. Ich fand meine Kollegen waren zu nachlässig mit den Schülern. Allerdings waren sie auch alle noch sehr jung, in dem Alter war ich auch noch sehr nachlässig mit den Schülern. Das würde mir heute nicht mehr passieren, denn ein gewisses Maß an Respekt fand ich war Grundvoraussetzung für ein gutes Miteinander. Das mussten die Schüler allerdings noch lernen.
Ich sollte vielleicht auch gleich den Politikunterricht mit vorbereiten, dann war ich schneller fertig. Ich wollte mich gerade etwas orientieren wo die wohl stehen könnte als etwas, beziehungsweise ein kleiner, roter, plüschiger jemand, an meinem Hosenbein zog Mido pfui! schimpfte ich dann mit ihr, wobei sie schmollend wegschaute. Ich kniete mich runter um die Kleine etwas hinterm Ohr zu kraulen. Ich lächelte leicht bei ihrer Antwort, es war immer schon wenn man hörte das sich ein Schüler für das Unterrichtsthema interessierte. Allerdings wusste ich auch gerade nicht wirklich was ich zu dem Thema sagen sollte. Ich ging dann eher auf ihre Frage ein Ich suche Bücher, damit deine Mitschüler diese mal kennen lernen und sich den Stoff selbst erlesen können. ein wenig böse war diese Aussage schon, allerdings war es nur wahr und eigentlich auch mehr als Scherz gemeint, auch wenn es nicht zwangsläufig meine Art war mit sowas zu scherzen. Doch irgendwie glaubte ich nicht das sie das allzu ernst nehmen würde.

Er scheint einige Bücher zu benötigen und seine Hunde helfen ihm dabei nicht gerade. Zumindest sieht es nicht danach aus, als würden sie ihm in dieser Situation hilfreich sein. Mich wundert es schon, dass sie nicht versuchen die Bücher zu essen. Ich kenne einige Tiere die es versuchen würden, doch seine Hunge haben anscheinend Vernunft und Respekt. Ziemlich gut, auch wenn es etwas merkwürdig aussieht.
Ich lese noch ein wenig, doch sehr viel gibt es nicht zum Thema. Zumindest nicht in allen Religionen, eigentlich schade aber vielleicht ist es so auch nur besser. Ich muss etwas lächeln. Ich fühle mich gut. Sehr gut. Zu gut. Das ist widerum nicht gut, aber was solls. Nachdenklich sehe ich zu meiner offenen Tasche. Sollte ich meine Tabletten doch nehmen? Ich kann mich heute einfach nicht entscheiden, obwohl es langsam wichtig wird. Ich lehne mich nach hinten und starre etwas vor mich hin, darauf bedacht natürlich dass Mr. Smirnov das nicht so sehr mitbekommt.
Als er plötzlich redet reißt er mich aus meinen Gedanken und ich sehe auf. Ich ziehe eine Augenbraue hoch. Heutzutage liest sowieso kaum noch einer, da ist es sogar vermutlich gut, dass er uns Schülern Bücher unter die Nase reiben möchte. Wobei ich mir vorstellen kann, dass es einige Schüler trotzdem nicht interessieren wird und sie sich nicht groß Mühe machen werden wirklich konzentriert darin zu lesen.
Gute Idee, das können sie ja versuchen antworte ich deswegen, mit einem leichten Unterton. Aber nur ganz leicht, denn eine gute Idee finde ich es wirklich, auch wenn ich nicht so recht dran glaube. Die Streber vielleicht -und ich- aber sonst...naja, wir werden es wohl noch sehen. Immerhin gibt es auch noch diese Bibliothek, also muss wohl irgendwas noch ausgeliehen werden von irgendjemanden. Und dabei denke ich nicht nur an Lehrer denn um ehrlich zu sein ist Mr Smirnov der erste Lehrer, den ich hier begegne. Schon irgendwie seltsam. Oder nicht?
Ich räuspere mich leicht und rutsche etwas unruhig umher, denn ich weiß nicht so genau was ich sagen soll. Reden ist nicht gerade meins und wenn ich schon mit Gleichaltrigen kaum rede...wobei Erwachsene oft rücksichtsvoller sind und man viel besser mit ihen diskutieren kann.
Ich sehe wieder kurz zu ihm rüber, dann zu seinen Hunden und wieder zurück. Sie haben um dieser Uhrzeit aber auch einiges vor sage ich dann etwas überrascht.