Mit meinen Fingern trommle ich in einem stetigen Rhythmus gegen den Tresen, während ich nun zum Handy gewechselt bin. Den Comic hatte ich zugeschlagen und neben mich gelegt, natürlich hatte ich mir auch die Seitenzahl gemerkt. Ich bin auch nur auf's Handy gewechselt, da es ununterbrochen vibriert hat. Meine Mutter und mein Bruder Liam schrieben mir fast jeden Tag, auch wenn es wirklich nichts Neues zu erzählen gibt. Jedes Mal wenn ich die Nachricht meiner Mutter öffne durchfährt mich ein Stich. Es war wirklich gut gewesen, dass mich meine Eltern vor zwei Monaten auf dieses Internat geschickt hatten. So konnte ich wenigstens Abstand gewinnen von dem, was vor drei Jahren bei meiner Mutter diagnostiziert wurde. Sie hatte die Krankheit zwar überlebt und besiegt, dennoch hat es Kerben hinterlassen. Hier hatte ich die Gelegenheit endlich mal die Vergangenheit in Irland zurückzulassen und einen Blick auf die Zukunft zu richten. Deswegen war ich eher auch immer zwiegespalten, wenn ich Nachrichten von meiner Familie erhielt, sodass sich meine Miene automatisch verdunkelt und sich meine Stirn zu kräuseln beginnt. 'Weg damit. Aus den Augen, aus dem Sinn,' denke ich mir entschlossen und lasse das Handy zurück in meinem Rucksack verschwinden, der unter dem Tresen lag.
Meine Aufmerksamkeit wurde eh geweckt, als die Ladentür geöffnet wurde und ein weiterer Schwall warme Luft hereinkam. Es war ein weißhaariger Typ, ziemlich groß und machte sich sogleich auf den Weg zu einem Regal. Da es praktisch ein Ritual von mir war, schnappte ich mir meine Kamera und wartete, dass er in einem Comic blätterte. Schnell und zielsicher machte ich einen kurzen Schnappschuss und warf einen kurzen Blick darauf. Es war wirklich gut geworden, wenn ich das ganz objektiv sagen darf. Der Fokus war auf den Jungen gerichtet, der Rest verschwamm etwas. Wenn es nicht komisch gewesen wäre, hätte ich mir fast lobend auf die Schulter geklopft.
Ich positioniere die Kamera an ihren ursprünglichen Platz und räume etwas an der Kasse auf. Ich hebe erst wieder den Kopf, als ich eine Person davor wahrnehme. Es war mein Fotomodel, welcher sich wohl für den durchgeblätterten Comic entschieden hat. Sein Kommentar über meine Haare ließ mich breit grinsen. „Ich finde deine aber auch ganz schön, habe diese Haarfarbe noch nie gesehen,“ erwidere ich scherzend und nehme den Comic in die Hand, um ihn einzuscannen. „Die Illustration soll da ganz interessant sein, hab ich gehört,“ murmle ich währenddessen. Gerne unterhielt ich mich mit den meisten noch, denn selten trifft man schließlich Personen an, die ähnliche Interessen haben wie man selbst. Am Computer zog ich den Comic vom Bestand ab und dann meinte ich in die Richtung des Käufers: „Das macht dann 17,90€, bitte.“ Ich wartete darauf, bis er sein Geld herausgekramt hat und frage, um die Konversation am Laufen zu halten und nicht mit dem furchtbaren Cody wieder allein zu sein: „Du gehst auch auf das Internat, oder? Ich glaube, ich habe dich mal am Flur gesehen.“ Es war wirklich einfach mittels der Schule irgendwie Kontakte zu knüpfen. Man konnte einfach über die Schulschönheiten herziehen – auch wenn sie mir zugegebenermaßen egal sind – oder sich über manche Lehrer beschweren. Ins Gespräch kam man immer irgendwie.