Es war viel zu heiß, und das machte es auch nicht besser, zum dritten Mal die Treppen, immer zwei auf einmal, runter immer drei, zu hechten, weil der Klassenraum anscheinend irgendwo im hintersten Winkel liegen musste. Oder sie war schon daran vorbei gelaufen. Was wahrscheinlicher war. Der zerknitterte Zettel in ihrer Hand beschrieb ja nicht den Weg, den sie gehen musste, sondern der Raum. Und nicht wie man diesen fand. Vielleicht war sie auch einfach den Weg geganngen, den sie geganngen wäre, wenn sie noch in Wien wäre. Wo es unter anderem deutlich kühler gewesen wäre. Und es war noch immer viel zu warm, die einzigen kurzen Sachen hatte sie auf dem Flug vollgeschwizt. Die Angst vorm Fliegen konnte ihr niemand nehmen. Und jetzt hatte sie eben das etwas zu große Schlaf T-shirt an, sie mochte die Art, wie sie dreimal hinein gepasst hätte. Eine Glaßtür, in ihrer Spiegelung sah sie ein etwa zehnjähriges Mädchen, mit hüftlangen dunkelbraunen Haaren in zwei geflochtenen Zöpfen, mit einer dünnen Mappe in der Hand. Warum dachte sich auch jemand, es wäre eine gute Idee, eine Glaßtür überhaupt einzubauen, sie passierte und ging die Türen ab, bis sie doch die richtige gefunden hatte. Wäre sie früher aufgestanden, hätte sie sogar pünktlich erscheinen können, und die Augenringe wären vielleicht eine Stufe heller gewesen. Wer konnte denn schon in einem neunen Haus schlafen?
Sie legte die Hand um die Klinke der Tür, nur um sie dann wieder wegzuziehen. Englisch. Wie der Lehrer wohl war? Oder Lehrerin? Die Klasse, die Schüler? Ihr war nicht aufgefallen, das sie begonnen hatte an den Nägeln der freien Hand zu kauen.
Loana schreckte zurück, als zwei Mädchen sich an ihr vorbeischoben, und die Tür einfach aufmachten, die eine groß und dünn, die andere mehr so zusammen gestaucht, aber nicht ungut. Beide rabenschwarze schulterlange schwarze Wellen und milchkaffee Haut.
Und weil sie in die Klasse gingen, war die Tür offen, und jeder sah, das sie dastand. Falls jemand hinblickte. Falls es jemanden interessierte. Bevor die Tür zufiel, trat sie noch mit dem Fuß dazwischen und kickte sie beiseite.
Und vermied Blickkontakt zur restlichen Klasse. Der Anblick des vorzeige Lehrers reichte, vermutlich stank er aus dem Mund und gab einem die schlechtere Note, aber irgendwie war das so eine Nebenerscheinung von Lehrern, die immer lächelten. Er tadelte gerade die beiden Mädchen, wie sie es wagen konnten, ausgerechnet in seinem Unterreicht fünf Minuten zu spät zu erscheinen. Loana schloss eine Wette mit sich selbst, dass die beiden sicherlich den Rekord im Zu spät kommen hielten.
"Fräulein...." er nahm einen Zettel von seinem Tisch "Dalton" begrüßte er sie mit dem deutschesten Deutsch das es geben konnte. Das er es falsch aussprach erwähnte sie nicht.
"Willkommen an der Schule" sprach er nun in einem Englisch, das ebenfalls angedeutschelt klang. Dann fuhr er deutsch fort "Ein Gespräch mit der Direktorin hattest du ja schon, in Englisch und Kunst kannst du ja der Klasse vorgestellt werden" beendete er, offensichtlich keine Lust darauf, seinen, vermutlich, toteslangweiligen Unterreicht, zu stören. Wie der Lehrer hieß wusste sie nicht, und nachdem sie eine gefühlte Ewigkeit vorne stand, wand sie sich um, und suchte Blickeausweichend nach einem freien Platz. Sie ließ sich auf dem einzigen freien nieder, und stützte ihren Kopf gleich schief auf ihren Händen, ab, die Ellbogen am Tisch und darauf berreit, dass vielleicht doch noch jemand etwas erklären oder sagen würde.