Lucia & Noah

Wann: 24.12.2016
Uhrzeit: 22:00 Uhr
Wer: Lucia & Noah

Weihnachten, einer der deprimierendsten Abende im ganzen Jahr. Ich mag Weihnachten nicht, ich mag es nicht an meine Familie zu denken und ich mag es nicht allein zu sein. Philippe musste arbeiten und alleine mit Ian wollte ich auch nicht daheim sein, immerhin will ich ihn nicht nerven. Aus diesem Grund bin ich los gestiefelt und habe mir eine der Bars ausgesucht, habe mich hinter einen Tresen gesetzt und mir ein Bier geben lassen um an diesem zu nippen.
In aller Ruhe ziehe ich mir eine Zigarette aus meiner Hot Pans und zünde sie zwischen meinen Lippen an, ziehe an dieser und lächle warm vor mich hin, beobachte ein paar Menschen hier und warte einfach ab, jemanden kennen zu lernen, der mich nicht komplett nerven wird.

Wie ein gehetztes Tier blickte Noah sich in der Bar um. Er hatte keinen blassen Schimmer, wieso ihn seine Füße ausgerechnet hierher getragen hatten. Das hier war ja nicht gerade das Ambiente, in dem er sich öfter herumtrieb. Er selbst kam sich vor wie ein kleines Lamm inmitten einer Bisonherde, falls das überhaupt irgendeine Art Vergleich darstellte. Aber vielleicht fiel er auch gar nicht so auf. Die meisten Menschen, die jetzt die Bars unsicher machten, waren wohl mit Freunden hergekommen und achteten dementsprechend auch nicht auf die restlichen Gäste. Einen Moment überlegte er wieder raus zu gehen, aber eigentlich war er doch genau deshalb losgezogen. Um zumindest irgendwo zu landen und irgendwas zu tun, anstatt sich die Decke auf den Kopf fallen zu lassen und in Selbstmitleid zu versinken über die alljährliche Einsamkeit an Weihnachten. Nach Hause konnte er ja nicht, da wartete bloß ein todkranker Onkel. Seine Freunde, die man sowieso an einer Hand abzählen konnte, waren verschwunden. So viel also dazu. Noah hatte schon gemerkt, dass ihn wieder eine dieser Phasen zu überfallen drohte, in denen er sich am liebsten für mehrere Jahre alleine in sein Zimmer zurückziehen würde, um dort vor sich hin zu verwesen, aber irgendwie musste er sich da selbst herausholen. Und diesmal eben schon im Voraus. Deshalb blieb er hier. Notfalls würde er sich eben einfach das Gehirn mit Alkohol zunebeln. Nicht, dass er darin Übung hatte, aber bei Anderen funktionierte das doch auch, oder nicht?
Er flüchtete sich zum Tresen und setzte sich an einen freien Platz neben einer jungen Frau, deren Zigarettenqualm im ersten Moment in seinen Augen brannte. Er rieb sich kurz die Augen, fuhr sich durch die verschneiten und zerzausten Haare und sah dann zu ihr rüber. Ihr Blick wirkte freundlich, weswegen Noah ihr ein zurückhaltendes Lächeln schenkte ehe er erst einmal seine Aufmerksamkeit hinter den Tresen lenkte. Vielleicht würde er ja ganz von selbst ein Bier oder sowas bekommen, wenn er den Kerl hinter der Theke nur lange genug treudoof anstarrte. Nein, das klappte wohl eher nicht, also versuchte er sein Glück mit Winken. Etwas verzweifelt versuchte er die Aufmerksamkeit des Barkeepers auf sich zu ziehen, wobei er beinahe das Bierglas der jungen Frau umkippte. Es wackelte bereits bedrohlich und Noah sah es vor seinem geistigen Auge schon fallen, bevor er überhaupt reagieren konnte. Großartig, Noah. Ganz große Klasse. War das jetzt zum Lachen oder zum Heulen?

Entspannt sitze ich hinter der Bar und lächle einfach nur zufrieden, wobei sich ein junger Blondschopf neben mich setzt. Mit einem warmen Lächeln sehe ich ihn an und streiche mir durch die Haare. Er ist zwar zu jung für mich, aber vielleicht ist er ja nicht komplett äzend?
Als ich bemerke wie hilflos er versucht ein Bier zu bekommen muss ich leise Lachen und winke dem Barkeeper - ein guter Freund von mir - kurz zu, woraufhin er ziemlich gleich her kommt "Ein Bier bitte", stelle ich nur warm fest und schiebe dem Blondschopf anschließend das Bier zu. "Lucia mein Name und das geht auf mich, meine Augen wirken wie immer sehr freundlich und offen, fröhlich und sehr zugänglich. So kennen mich die Menschen hier in der Stadt auch. Was verschlägt dich denn hier her? Bist du nicht ein Schüler vom Internat?, meine Neugierde konnte ich einfach nicht unterdrücken und so sprudeln die Fragen aus mir heraus, wobei ich mich zu ihm lehne und ihm ins Ohr spreche, denn gerade leise ist es hier nicht. Indirekt ist es irgendwie auch ein kleiner Test ihm gegenüber, bei dem 95% der Männer durchfallen würde, denn so wie ich bei ihm lehne kann er mir direkt ins Dekoltee schauen, was ich von ihm aber eigentlich nicht erwarte.

Noah blickte sie vermutlich gerade unglaublich erleichtert an als endlich das Bier vor ihm landete, welches er nun ein wenig kritisch beäugte. "Dankeschön, das ist echt nett!", meinte er ehrlich lächelnd. trotz der inneren Trauer schaffte er es sie beinahe schon anzustrahlen. "Ich bin Noah, freut mich", stellte er sich ebenfalls vor. Er war wirklich froh, dass er hier gerade wohl auf einen freundlichen Menschen getroffen war. Sie war zwar etwas älter als sie aber das störte gerade ja wohl wirklich nicht.
Ihr Dekoltee hätte sie ihm wohl eher ins Gesicht klatschen müssen, damit es ihm dementsprechend wirklich aufgefallen wäre. Also nein, er schaute nicht hin, dazu war Noah.. einfach zu sehr Noah. Stattdessen nickte er zustimmend, auch wenn es ihn etwas wunderte, dass sie ihn gleich als Internatsschüler erkannte. "Ja, stimmt, aber ich hatte gerade nichts besser zu tun als herzukommen." Viel besser wusste er seine Antwort gerade wirklich nicht zu formulieren. "Und du? Sitzt du hier ganz allein?", fragte er und hatte das Gefühl bei dem Lautstärkepegel hier sie fast anschreien zu müssen. Er hob das Bier vor sich an und bot ihr an mit ihm anzustoßen. Das machte man doch schließlich so?

"Ich bin immer nett, außer man verdient es anders", meinte ich nur schmunzelnd und streiche mir durch die schwarzen Haare, die ich anschließend zu einem lockeren Knoten hoch binde, wobei ich einfach nur zufrieden lächle.
"Dann ist es natürlich noch besser das du dich hier her setzt, hier gibt es so viele Eklige Typen, die man einfach nur nicht aushalten würde. Das aller Letzte wäre jemand, der nur her kommt um jemanden wie mich abzuschleppen", Noah, so hieß wohl der Blondschopf, schien nicht zu sein und so viel eher jemand, mit dem man plaudern kann und mit dem man einfach gerne Zeit verbringt.
"Ein guter Freund von mir arbeitet hier und eigentlich bin ich mit ihm hier, aber heute scheint einiges los zu sein und er hat zu viel zu tun", meinte ich einfach lachend und sehe mir nochmal seine Haare an: "Darf ich vielleicht mal durch deine Haare fahren?", fragte ich lachend und sehe wieder in seine Augen. Noah scheint wirklich okay zu sein und auch deshalb freue ich mich nur noch mehr ihm ein Bier spendiert zu haben. Aus meinem Hopfengemisch trinke ich einen schluck und lasse ihn langsam meine Kehle hinunter rinnen, lächelnd und zufrieden.

Noah lächelte einigermaßen erleichtert als er das hörte, auch wenn er sich schon fragte, wo da diese Grenze anfing bei der Menschen etwas anderes verdient hatten, ihrer Meinung nach. "Ich verstehe Leute, die nicht nett sind sowieso nicht", verriet er ihr ganz ehrlich. "Hey, wenn dich ein ekliger Typ anbaggert, dann kicke ich ihn einfach weg!", meinte der Blondschopf grinsend. Nein, er sah nicht so aus als würde er überhaupt irgendjemanden wegkicken, aber sein Gesichtsausdruck wirkte vollkommen überzeugt von seiner eigenen Aussage.
"Ah verstehe", murmelte er und sah sich um. Nun, zumindest war sie also nicht ganz alleine. "Ist auch irgendwie mehr los als ich gedacht hätte." Über ihre etwas merkwürdige Frage musste er dann doch lachen. Verwundert hob er die Augenbrauen, beugte sich allerdings auch etwas zu ihr rüber. "Wenn es dich glücklich macht, nur zu", meinte er lachend, was allerdings in einen leichten Hustenanfall ausartete da er im selben Moment einen zu großen Schluck vom Bier probierte. Nun ja, er war immerhin Schotte. Hieran würde er sich also bestimmt schnell gewöhnen.

Ich kann mich sonst auch selbst wehren, Giftzwerge können auch genug ausrichten, lache ich fröhlich und sehe anschließend zu Noah hin, der anscheinend ein genauso fröhlicher Mensch ist, wie ich es eben auch bin. Noah scheint wirklich ein kleiner Spaßvogel zu sein und auch aus diesem Grund verstehen wir uns wahrscheinlich ziemlich gut.
Hier ist immer viel Los. Die Drinks sind billig, die Musik gut, der Personal freundlich und die Lage eigentlich super., mehr musste ich dazu glaube ich nicht sagen, denn so ist es wirklich super wenn man ein bisschen auf das Geld aufpassen muss.
Echt?, frage ich erfreut und strecke meine Hand aus um sanft durch seine Haare zu fahren, wobei meine langen Nägel leicht an seiner Kopfhaut aufkommen, jedoch wird er diese sanfte und vorsichtige Berührung nicht als unangenehm empfinden. Die sind wirklich so weich wie sie aussehen, stelle ich lachend klar und nehme meine Hand dann wieder zu meiner Bierflasche um einen schluck aus dieser zu nehmen. Wie ist es denn eigentlich auf dem Internat? Ich sehe euch immer nur hier oder bei mir im Tattoo Studio und da kommen meisten nur die ach so harten Schlägertypen hin, die ich am Liebsten meiner Hündin zum Fraß vorwerfen würde.

"Dann kicken wir eben zusammen", meinte er amüsiert. "Gut zu wissen. Ich bin zum ersten Mal hier", gab er zu. "Aber gerade finde ich es nicht so schlecht. Du scheinst öfter herzukommen?" Als Lucia ihre Finger ausstreckte um seine Haare anzufassen kam ihm das fast vor wie eine Kopfmassage und er gab eine Art schnurren von sich. "Ja, das ist meine gute Pflegekur Luft, städtische Abgase, Wind, Regen und co.", scherzte er und strich sich selbst auch kurz durch die Haare. Nicht, dass sich dadurch wieder eine Frisur bilden würde. Weich waren sie aber tatsächlich.
Noah kicherte leise, als sie auf die ach so bösen Schlägertypen zu sprechen kam. Er konnte sich schon gut vorstellen, dass viele von denen hier her kamen. Fast aus Reflex sah er sich deshalb kurz um. "Es gibt schon ein paar unfreundliche Leute, die da rumrennen, aber im Großen und Ganzen gibt es auch viele nette Leute und das Internat an sich ist auch nicht so schlecht. Es gibt zwar viele Regeln, aber auf die achtet eh keiner und der Unterricht ist soweit in Ordnung. Außerdem ist man nicht so viel alleine und findet fast immer irgendwie Gesellschaft oder was zur Beschäftigung", erzählte Noah. "Und du hast also ein Tattoostudio UND einen Hund?", hakte er nach und machte so große Augen, als hätte sie ihm gerade erzählt ein Raumschiff plus eigenem Planeten zu besitzen.

"Mein bester Freund und Mitbewohner ist hier Türsteher, wenn ich nicht arbeite bin ich eigentlich hie,r denn ich bin nicht gerne alleine Daheim. Hin und wieder schleppe ich unseren anderen Mitbewohner mit hier her... Aber der hatte heute wohl keine Lust", meinte ich grinsend und streiche über das Etikett meiner Flasche, nehme nochmals einen schluck und stelle die Flasche wieder hin.
Ja, ich habe ein eigenes Studio, seit mehr als drei Jahren und eine junger Cane Corso Hündin, die mich alle Nerven kostet, die ich ohnehin schon nicht habe, meinte ich lachend und fahre mir über meinen Arm, wobei ich ebenfalls über die neue Fahre, die mir wie viele anderen Philippe gestochen hatte.
Also wenn du alt genug bist, kannst du gerne zu mir kommen, ich bin auch ganz lieb zu dir, meinte ich lachend und streiche ihm nochmals über den Oberarm. Bist du schon lange auf dem Internat?, meinte ich neugierig und lege meinen Kopf kurz auf seine Schulter, wobei ich kurz grinse. Du musst mal auf einen Kaffee bei uns vorbei kommen, du würdest glaube ich ziemlich gut zu uns Chaoten passen, meinte ich grinsend und blicke in seine Augen, was ich eigentlich immer tue.