Kylie
Ich lachte laut los, als ich mir vorstellte, wie ich einem älteren Ehepaar begegne und auf offener Straße erstmal mit ihnen über Gott und die Welt und natürlich über ihre letzten 50 Urlaube hier plaudere. Das hätte ich sicher drauf.
"Hoffentlich treffe ich welche, ich muss doch wissen, was da so abgeht.", meinte ich überzeugt, als ich mich endlich wieder beruhigt hatte. Was würden wohl meine Eltern sagen, wenn sie sehen würden, dass ich mich anscheinend doch hier wohlfühlte, obwohl ich mich so gegen dieses Internat gesträubt hatte. Bestimmt würden sie mir erzählen, dass sie immer wüssten, was das Beste für mich ist und damit gerechnet hatte - den Gefallen wollte ich ihnen aber eigentlich nicht tun.
"Ich hab' da so meiner Erfahrungen.", lächelte ich sie an. Vielleicht war es ja wirklich so, wenn ich mein Kind aufs Internat schicken wollte, hätte ich das auch so gemacht.
"Ich denke nicht, dass sie mich loswerden wollten. Eltern wollen doch nur das Beste für ihr Kind oder nicht? Das kennst du sicher auch.", antwortet ich. 'Was man da jetzt alles reininterpretieren könnte', dachte ich mir. Ich war ja eh der Meinung, dass die Ideen der Eltern, nicht immer schlau waren, aber die hatten ja eh immer recht, genauso wie Lehrer. Entweder haben sie recht oder Ferien. "Man sollte so vieles lernen, aber das geht nicht, wenn man den Kopf mit tausend anderen Sachen voll hat...wie keinerlei Verständnis zu deinen Mitmenschen und das man sich nur mit Händen und Füßen verständigen kann.", grinste ich nun zurück. Ich hätte da so einige Probleme. Ich stelle mir nur vor, was wäre, wenn die mich fragen, was ich essen will und verstehe die nicht und verhungere erbärmlich. Da hat man auch keine Lust zu lernen.
Meine Gedanken wurden unterbrochen, als ich von weiter vorn Musik hörte. 'Können die die nicht für sich hören? Sie mussten ja nicht gleich den ganzen Bus unterhalten', seufzte ich innerlich genervt. Das war so schlechte Musik, da musste man einfach Harlem Shake dazu tanzen. Die Musikwar schon längst wieder aus, aber ich sprang trotzdem auf und zwängte mich an Kylie vorbei. Im Gang des -leider endlich fahrenden - Busses legte ich mit Abstand den krassesten Harlem Shake hin, den die Welt gesehen hatte. Meine Freunde hätten das jetzt sicher aufgenommen und heftig gelacht, aber hier kannte mich ja niemand und alle starrten nur behindert. Danke Gott, dass ich Selbstbewusstsein habe und dadrüber stehe. Spätestens jetzt war ich wohl der Vollfreak der Schule.
Ich headbangte gerade, als die Musik verstummte und ich mich auf meinen Platz zurück setzte. Das Mädchen, der die Musik gehört hatte, war wenigstens auch rot angelaufen. Sie hatte also gemerkt, dass es auf sie bezogen war. Hoffentlich merkte sie, dass die Musik scheiße ist. Außer Atem sah ich nun Kylie an. "Du darfst jetzt gehen, wenn dir das peinlich ist.", schnaufte ich. "Aber du musste nicht.", fügte ich entschuldigend hinzu. "Nicht, dass ich deinen Ruf zerstöre, mit der Aktion." Erst jetzt wurde mir richtig klar, dass es total beschränkt war, wa sich gemacht habe.